Der Sekretär
(Sagittarius serpentarius)

Der Sekretär ist ein ca. 1,25 Meter großer, ungewöhnlich hochbeiniger Greifvogel, der eine eigene Familie (Sagittariidae) bildet. Seinen Namen erhielt er wegen der schmückenden Federbüschel am Hinterkopf, wie die Büroschreiber im vorigen Jahrhundert, die die Schreibfeder hinter dem Ohr trugen. Die 3-4 kg schweren Vögel leben in den Kurzgrassavannen und Steppen Afrikas und auf Weideland außerhalb der Schutzgebiete, da sie als Schlangenfänger gewöhnlich nicht gejagt werden.

Obwohl seine Flügel eine Spannweite von zwei Meter haben, fliegt er nur selten, sondern schreitet kopfnickend durch die Steppe, wobei er täglich oft mehr als 30 Kilometer zurücklegt. Seine Nahrung sucht der Sekretär am Erdboden, vor allem Insekten, kleine Nager und Schlangen. Heuschrecken, Eidechsen und andere kleine Beutetiere werden mit dem Schnabel aufgenommen. Mit kräftigen Fußtritten tötet er Schlangen, die seine bevorzugte Beute sind. In manchen Gebieten wird der Vogel sogar als Schlangen- und Rattenfänger auf Farmen gehalten.

Das Gefieder ist blaßgrau mit schwarzen Schwingen und stark befiederten schwarzen Oberschenkel, der Bauch und die Flügelunterseite sind weiß. Jungvögel haben ein trüber gefärbtes Gefieder. Die spatelförmigen Federn am Hinterkopf werden bei Erregung aufgerichtet. Beide Geschlechter sind gleich, haben einen kurzen, stark gekrümmten Schnabel und braune Augen. Seine Beine sind etwa dreimal so lang wie die eines gleich großen Adlers. Sie enden in kurzen Zehen, die gut zum Gehen, aber wenig zum Greifen von Beute geeignet sind. Dies ist die beste Beinform für Vogelarten, die im Grasland lange Strecken zu bewältigen haben.

Das Flugbild ähnelt dem eines Geiers, doch sind die mittleren Schwanzfedern verlängert und ragen, wie auch die langen Beine weit über den Schwanz hinaus. Obwohl der Sekretär nur ungern auffliegt, zeigt er zur Balzzeit Flugkünste wie die meisten Greifvögel. Er führt aber auch am Boden eigenartige Tänze auf. Balzende Paare laufen mit erhobenen Schwingen im Kreis und manchmal beteiligen sich mehrere Vögel. Sobald ein Paar aber ein Territorium besetzt hat, vertreibt es andere Artgenossen aus seinem Revier. Die Größe der Territorien kann zwischen 20 und 200 qkm betragen. Bei einem Greif, der sich auf das Leben am Boden spezialisiert hat, ist es naheliegend, daß er irgendeine Art von Bodenbalz entwickelt.

Die Nacht verbringt er auf Bäumen und die heißesten Stunden unter einem Schattenspender. Der Sekretär baut ein großes Nest auf einzelnstehenden, flachkronigen und dornigen Schirmakazien. Die mit Gras ausgepolsterte Plattform hat einen Durchmesser von etwa zwei Metern. Beide Geschlechter sind am Nestbau beteiligt und beide wechseln sich beim Ausbrüten der ein bis drei weißen, rauhschaligen Eier ab. Die Brutdauer beträgt 42 - 46 Tage. Auch bei der Betreuung der Küken wird abgewechselt.

Die Partner bringen bei der Wachablösung gewöhnlich im Schnabel Gras ans Nest und werden dabei mit tiefen Verbeugungen und Krächzrufen begrüßt. Da Sekretäre ihre Beute nicht in den Fängen tragen können, speit er die im Kropf gespeicherte Nahrung auf dem Nestboden aus, um die Jungen zu versorgen. Für Greifvögel ein ungewöhnlicher Vorgang. Vom Nestbau bis zur Selbständigkeit der Jungen dauert es über vier Monate. Das Brüten erfolgt hinsichtlich Saison und Jahr ziemlich unregelmäßig. Das ortstreue Paar hat meist einige Wechselhorste, die immer wieder bezogen werden.


Text und Fotos: © 2003 Dieter Höll